Sommerliebe Kurzgeschichte

Sommerliebe: Eine romantische Kurzgeschichte

Lautes Meeresrauschen, strahlender Sonnenschein und Erinnerungen an eine alte Liebe: Unsere Kurzgeschichte handelt von einer Sommerliebe, die nie zu Ende gegangen ist. Auch nach vielen Jahren rufen Erinnerungen an eine wunderschöne Zeit starke Gefühle und Sehnsüchte hervor. Eine romantische Kurzgeschichte, die die Vorfreude auf den Sommer weckt.  

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Das Hörspiel zur Kurzgeschichte

Sommerliebe: Eine romantische Kurzgeschichte

Die frische Brise zerrt an meinen in der Früh noch mühsam zu weichen Wellen geföhnten Haaren, aber das ist mir egal. Ich ziehe die salzige, frische Luft tief in meine Lungen und genieße den feinkörnigen Sand, der meine Zehen umspielt. Mmmh, wie herrlich. Endlich bin ich wieder da, wo ich hingehöre… Die dunklen Wolken am Horizont kommen schnell näher, es fängt zu nieseln an. Ich ziehe die Kapuze meiner eingetragenen, leuchtend gelben Öljacke über und schlendere am Strand entlang. Vor 25 Jahren, kommt es mir in den Sinn, gab es doch nicht unweit von hier dieses kleine, süße Café mit der rot-weiß-gestreiften Markise und den bequemen Rattanstühlen vor der Tür. 

Vielleicht ist das Glück ja auf meiner Seite und die alte Dame, der es damals gehörte, lebt und bedient noch so fleißig wie eh und je. Zehn Minuten später bin ich freudig überrascht. Meine Augen leuchten auf. Da ist es! Tatsächlich! Das Café „Sommerliebe“. Der Ort, wo alles begann. Wo ich ihn traf…

Gedankenverloren nehme ich auf einem der Stühle Platz. Der Bezug ist neu, stelle ich noch fest, bevor ich zurück in die Zeit reise, in der ich so glücklich war wie niemals zuvor und jemals danach. Damals stand ich kurz vor meinem 30. Geburtstag und hatte eine schwere Trennung hinter mir. Ich trauerte, denn ich war felsenfest davon überzeugt, dass ich diesen Mann von ganzem Herzen liebte. Wie dumm ich doch war! Denn erst ein wenig später und ein paar hundert Kilometer von meiner Heimat entfernt, sollte ich mit Haut und Haaren feststellen, wie sich wahre Liebe wirklich anfühlte. 

Um meinen runden Geburtstag gebührend zu feiern, dachten sich Helga, Elisabeth und Anna, meine besten Freundinnen, etwas Besonderes aus: einen Urlaub an der Ostsee! Bis dahin war ich noch kein einziges Mal am Meer und hatte absolut keine Vorstellung davon, was mich erwartete. Umso freudiger war ich, als wir nach einer langen Zugfahrt endlich ankamen, unsere Koffer schnell in die kleine Pension brachten und dann leichtfüßig und voller Vorfreude zum Meer schlenderten. Vor uns erstreckte sich die Unendlichkeit, schillernd, schimmernd und die Sonne spielerisch reflektierend in allen Blaunuancen, die man sich vorstellen konnte. In diesem Moment war mir bewusst, dass ich hierhergehörte. Das Gefühl von Heimkommen erfüllte mich. 

Ein paar sonnige Tage später saßen meine Freundinnen und ich wieder im kleinen Café „Sommerliebe“, das wir gleich anfangs entdeckt haben und von einer charmanten, älteren Dame geführt wurde, die irgendwie einen Narren an uns gefressen hatte. Sie servierte uns Kuchen und Gebäckteile, die wir so nie bestellt hätten. „Ihr seid so dünn. Ihr müsst was auf die Rippen kriegen. Männer wollen was in den Händen haben.“ Wir verdrehten geziert die Augen, denn wir alle waren stolz auf unsere schmalen Taillen – und ich selbst hatte nach der Trennung für das andere Geschlecht eh nichts mehr übrig. Dennoch bissen wir mit großem Appetit in die saftigen Küchlein, die vor Kalorien nur so strotzten. Schließlich waren wir im Urlaub, hungern konnten wir danach immer noch. Während wir das Leben mit Genuss verspeisten, verdunkelte es sich und der Himmel öffnete schlagartig seine Schleusen. Es war für den Tag zwar Regen angesagt, aber so schnell? Quiekend und quietschend stoben wir auseinander, jede auf der Suche nach einem Unterschlupf. Ich flüchtete unter die geöffnete Markise und drückte mich fest an die großen Türen aus Glas, während der Regen meine nackten, sommergebräunten Beine peitschte. Plötzlich verlor ich jeglichen Halt und fiel nach hinten ins Café. Verwirrt sah ich mich auf dem Boden sitzend um, blickte hoch und wurde von zwei strahlend blauen Augen gefangen genommen. „Entschuldige bitte. Eigentlich wollte ich mich als großer Retter erweisen. Dass der Wind so viel Kraft hat, habe ich wohl unterschätzt als ich die Türe geöffnet habe.“ Er bot mir seine Hand an und als ich sie ergriff, zog er mich mit einem Schwung nach oben direkt in seine Arme. Völlig perplex und nicht dazu in der Lage mich aus der starken Umarmung zu befreien, starrte ich ihn mit offenem Mund an.  „Hallo.“ Ein Duft von Salzwasser, Seife und etwas Herbem stieg mir in die Nase. „Mein Name ist Henning.“ Er strahlte Ruhe aus. Wie ein Fels in der Brandung. Wann hatte ich mich das letzte Mal so geborgen gefühlt? Bei einem Fremden wohlgemerkt? So ganz aus der Nähe betrachtet, waren seine Augen nicht nur blau. Nein, das Farbspektakel reichte von Eisblau, Türkis, Azurfarben, bis hin zu einem rauchigen, an die stürmische See erinnernden Blau.  „Ich … mein Name … Heiße … Julia.“ Ich konnte mich nicht konzentrieren und kam ins Stottern. „Hallo Julia. Schön dich kennenzulernen.“ Seine tiefe Stimme brachte eine Saite in mir zum Vibrieren, von dessen Existenz ich bisher nicht das Geringste geahnt hatte. Seine markanten und doch weich geschwungenen Lippen verzogen sich zu einem wunderschönen Lächeln. In diesem Moment war es um mich geschehen. Es war so wie in den kitschigen Liebesromanen, die ich als Jugendliche aus dem Nachtkästchen meiner Mutter stibitzt und in unserem Garten, versteckt unterm Apfelbaum, seitenweise verschlungen habe. 

Henning und ich verbrachten die nächsten Tage ununterbrochen miteinander. Meine Freundinnen zeigten sich sehr verständnisvoll, nachdem ich ihnen den groß gewachsenen, blond gelockten Henning mit den Traumaugen vorgestellt hatte.  Es folgten ausgedehnte Spaziergänge am Strand und intensive Küsse, während die Sonne hinter uns im Meer verglühte. Was soll ich sagen? Die Zeit war unvergesslich schön. Aber die Realität holte uns bald ein, als mein Urlaub sich dem Ende neigte. 

Nach drei wundervollen Wochen, in dem ich mit ihm mehr erlebt hatte als mit jedem anderen Mann zuvor, trennten sich unsere Wege wieder. Ich musste zurück zu meinem Job in München, er musste wieder raus aufs Meer. Von Beruf war er Fischer. Heute frage ich mich, was mich eigentlich davon abgehalten hatte, hier bei ihm zu bleiben. Bei keinem anderen Mann danach war ich mir meiner Gefühle sicher gewesen wie bei Henning.  Aber wie so oft kam das Leben dazwischen. Ein neuer Job, ein Wohnungswechsel, ein neuer Mann, eine Hochzeit, eine Scheidung. Und irgendwann waren Henning und die traumhafte Zeit an der Ostsee so weit weg, dass ich sie nicht mehr erreichen konnte. Ich schluchze auf. Wo sind nur meine Taschentücher? Mit einer Hand taste ich nach der Tasche, die neben meinen Stuhl steht. Ein Geschenk von meiner Tochter, kurz bevor ich zur Reise an die Ostsee und in meine bewegte Vergangenheit antrat. Trotz schweren Herzens muss ich auf einmal lächeln. Ich habe vielleicht den ein oder anderen falschen Weg eingeschlagen. Aber ohne diese Umwege wäre ich nicht zu meinem Kind gekommen, zu meinem ganzen Stolz. Ich ziehe die Tasche in den Farben von Himmel, Meer und Sand auf meinen Schoss und krame herum. Wo sind denn jetzt nur die Taschentücher? „Hallo.“ Eine tiefe Stimme, ein einziges Wort und eine Saite in mir beginnt zu vibrieren. Ich blicke auf und es scheint, trotz dem kleinen Lachfältchen, die sich um seine ozeanblauen Augen bilden, als wäre kein einziges Jahr vergangen. „Hallo Henning“, strahle ich ihn an. „Darf ich dir etwas zu trinken anbieten?“, fragte er. Ich sehe ihn mit großen Augen an: „Dir gehört jetzt das Café ´Sommerliebe´?“ Er nickt. „Oh wie schön!“ Begeistert klatsche ich ihn die Hände, während mir das Herz vor Aufregung bis zum Hals schlägt. „Hmmm … Nicht ganz“, antwortet er. „Hier gibt es so viel zu tun. Ich bräuchte Hilfe. Du hast eventuell keine Zeit …?“ Ich halte den Atem an. Fragt er mich da gerade wirklich, ob ich hier mit ihm zusammen sein möchte?  „Was meinst du?“, hakte er fast schon zaghaft nach.  Langsam erhebe ich mich von meinem Stuhl, stelle die, Tasche weg und gehe einen Schritt auf ihn zu. Meine Kehle fühlt sich wie zugeschnürt an. Kann es sein, dass ich wirklich so viel Glück habe? Ich nicke leicht. Und Henning zieht mich in seine Arme, wie er es vor 25 Jahren schon getan hat. „Endlich bist du wieder da“, flüstert er und küsst mich.

ENDE

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